„Inklusion geht definitiv anders!“

 
Bad Driburg. Der Ausschuss für Schulen, Bildung, Kultur und Sport lehnte auf Empfehlung der Verwaltung die Bürgeranregung der Selbsthilfegruppe pro barrierefrei bad driburg e.V. ab. Im Sommer dieses Jahres übergab die gemeinnützige Gruppe Bürgermeister Burkhard Deppe zwei Bürgeranregungen. Die Gruppe möchte erreichen, dass die Lokale in der Oberstadt wie der Braune Hirsch, Brand’s, Piano, Avanti, Tante Erna künftig ihre Gäste, darunter viele Kurgäste, die im Rollstuhl sitzen, auf das demnächst benachbarte Behinderten-WC verweisen können.

Immer wieder kommt es in den Gesprächen an unseren Infoständen zu Unmutsbekundungen, dass Lokale dort nicht barrierefrei erreichbar seien, berichtet Alexander Bieseke, Pressesprecher des Vereins. Selbst wenn man barrierefrei in ein Lokal gelangt, kann man oft das dortige WC nicht nutzen. Entweder befindet es sich im Kellergeschoss oder es ist schwer zugänglich, wenn man in einem Rollstuhl sitzt oder am Rollator gehen muss.

Der künftige Standort der städtischen Bücherei in der Oberstadt.
Mit einem Euroschlüssel könnte man durch diese Türe, auch in den Abendstunden und am Wochenende zu der dahinter befindlichen Rollstuhl-Toilette, die von der Stadt mit angemietet wird.

Hier könnte das Behinderten-WC direkt neben der neuen städtischen Bücherei für Abhilfe in der Oberstadt sorgen. Außerdem wäre es eine Möglichkeit, mobilitätseingeschränkten Besuchern der gerade mit öffentlichen Geldern eröffneten Moorerlebniswelt eine solche Toilette anzubieten.

Die Stadt verweist in ihrer Stellungnahme zum Fehlen einer solchen Toilette in der Moorerlebniswelt auf die vorhandene und eher abhängige Toilettenanlage am Katzohlbach. Normale Toiletten sind in der Ausstellung vorhanden. Gemäß der Verwaltungsvorlage möchte die Stadt den Besuchern der genannten Gastronomiebetriebe nicht zumuten, bei Wind und Wetter die neue Behindertentoilette aufzusuchen. Außerdem seien die Gastronomen selbst in der Verantwortung, eine solche Toilette anzubieten.

Alexander Bieseke hält dies für einen extremen Widerspruch. Bei der steuerfinanzierten Moorerlebniswelt werde selbst kein Wert auf Inklusion gelegt. Ihre Gäste müssten mit ihrem Bedürfnis das Gebäude verlassen. Aber den Gastwirten verlangt man kostspielige Umbauten ab, wenn diese ihren Gästen nicht zumuten wollen, die Gaststätte bzw. das Restaurant zwecks Toilettenbesuches zu verlassen.

Die Selbsthilfegruppe pro barrierefrei – bad driburg e.V. regte an, ein durchgehend zugängliches Behinderten-WC mit ausschließlichem Zugang über einen Euroschlüssel anzubieten. Das hätte für Gastronomen sowie Besucher der Oberstadt Vorteile gehabt.

Die kürzlich mit Fördermitteln eröffnete Moorerlebniswelt ohne Toilette für Menschen mit Behinderungen und Sonderparkplatz.

Ein unsensibles Vorgehen wirft die Selbsthilfegruppe der Verwaltung und dem Ausschuss auch bei der zweiten Anregung zum Thema Sonderparkplatz vor.

Die Touristik verfügte im ehemaligen Pavillon über Behinderten-Parkplätze. In der neuen Touristik und der Moorerlebniswelt hielten Verwaltung und Politik sie für nicht nötig.

In der Verwaltungsvorlage heißt es, dass Autofahrer mit dem Sonderparkausweis überall stehen dürfen, auch in der oberen Langen Straße, sofern sie andere Verkehrsteilnehmer nicht behindern. Allerdings benötigen Rollstühle, die durch die geöffnete Heckklappe mit Rampe ein- und ausgeladen werden, laut Alexander Bieseke mindestens drei Meter Fläche hinter dem Fahrzeug. Parkplätze für Rollstuhlfahrer sind größer bemessen. Gäste der Oberstadt müssten befürchten, nach ihrer Rückkehr nicht mehr ins Auto zu gelangen.

Besonders ärgerlich sei es laut Alexander Bieseke, dass in der Ausschusssitzung am Dienstag, 12.11.24 ein Mitglied des Inklusionsbeirates anwesend war, aber von seinem Rederecht keinen Gebrauch machte. Es sei Aufgabe des Inklusionsbeirats, die Interessen der Menschen mit Behinderungen zu formulieren und in einer solchen Sitzung dafür zu argumentieren. So funktioniere Inklusion definitiv nicht. Die Stadt könnte Zeichen setzen, gehe aber zu oft sehr rückwärts.

Die Selbsthilfegruppe lässt die Bezirksregierung prüfen, inwieweit die Fördergelder zu Recht geflossen sind, wenn Menschen mit Behinderungen zumindest bei der Verrichtung der Notdurft benachteiligt werden. Immerhin zahlten auch Menschen mit Behinderung Steuern und dürften Chancengleichheit erwarten. Gleiches gelte für fehlende Parkplätze mit Sondernutzung.

Pro barrierefrei wird sich mit dem Beschluss nicht zufrieden geben und sich weiterhin für ein behindertengerechtes WC in der Oberstadt und zumindest einem Parkplatz (dies sehen wir als Kompromiss) für Behinderte direkt an der Touristik einsetzen.

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