Toilette für Alle ebenfalls kein Thema mehr – pro barrierefrei protestiert

Andreas Gerold

Bad Driburg. Bei der Sitzung des Finanzausschusses der Stadt Bad Driburg am Donnerstag, 23. Februar 2023, wurde die Bürgeranfrage der Selbsthilfegruppe pro barrierefrei – bad driburg e. V. zum Thema Toilette für Alle mehheitlich abgewiesen. CDU und AfD sprachen sich gegen ein solches Projekt aus. SPD, Grüne und ÖDP beantragten eine zeitnahe Vertagung. Die FDP enthielt sich.

Als Standort schlug die Selbsthilfegruppe die nun doch nicht so abgängige ehemalige Touristik vor. Im Keller befinden sich nach wie vor die öffentlichen Toiletten für Männer und Frauen. Darüber in der ehemaligen Touristik, dem Pavilion am Kurpark hätte eine solche 12 m² große gut eingebaut werden können und barrerefrei für Menschen mit Behinderungen eine echte Teilhabemöglichkeit geschaffen.

Das abgängige Toilettenhäuschen am Katzohl gegenüber des Stadtgartens. Für Menschen mit Behinderungen schon seit Jahren nicht mehr nutzbar.
Kurgäste sprechen unsere Selbsthilfegruppe immer häufiger auf fehlende Barrierefreiheit in Bad Driburg an. Die Toilette für Rollstuhlfahrer im Rathaus war ihnen gar nicht bekannt. Auch viele Lokale in der Badestadt seien für sie nicht erreichbar, was sie sehe bedauerten. Hinten rechts: Andreas Gerold, Schriftführer, mit den Gästen.

Begründet hatte nun Uwe Damer, zuständiger Dezernent, in dem ablehnende Beschlussvorschlag der Verwaltung dieses damit, dass es bisher bei der Stadt keine Anfrage zu solch einer Toilette gegeben habe. Doch die Selbsthilfegruppe zweifelt daran, dass dieser Umstand eine Aussagekraft hat. Denn es stellt sich die Frage, wer gerade bei der Stadt nach einer solchen Toilette anfragt? Auch eine Behindertentoilette mit Wickeltisch für Säuglinge kann hier keine Abhilfe schaffen. Auch zwei seitens von Uwe Damer befragten Menschen mit Behinderungen hätten ihm gegenüber geäußert, dass eine solche Toilette nicht zwingend zu einer Inklusion beitrage. Sehr verwunderlich, sind doch selbst Mitglieder der Selbsthilfegruppe selbst betroffen.

Eine andere Aussage von Damer unterstellt Benutzern einer Toilette für Alle, dass diese, wie Säuglinge oder Kleinkinder, nicht so auf die Hygiene achten würden und damit Kosten bei der Unterhaltung der Toilette entstünden. Dies unterstellt jedoch, dass Betroffene nicht nur eine körperliche Behinderung haben und grenzt an einer Beleidigung. Dazu geht eine betroffene Person ja nicht alleine auf die Toilette.

Auch wenn es um Behindertentoiletten geht, waren die Aussagen des Dezernenten sehr enttäuschend. Hier wurden als vier behindertengerechte Toiletten vom Bahnhof bis zur neuen Tourist-Information die Mobilstation, die Vital-Klinik, das Rathaus und die Toilette am Katzohlbach genannt.

Die erste Toilette existiert jedoch noch gar nicht und ist erst in Planung. Baubeginn und geschweige denn Fertigstellung sind noch ganz ungewiss. Die zweite genannte Behindertentoilette ist in einer privaten Klinik, zwar gegenüber dem Bahnhaltepunkt aber nicht öffentlich. Dazu kommt einem Fremden die Frage, ob er sie überhaupt benutzen darf, zumal nach den Erfahrungen der Pandemie. Eine ausdrückliche Beschilderung dorthin wäre hier äußerst wichtig. Die Toilette für Behinderte im Rathaus, die dritte, ist vorgeschrieben und daher auch anstandslos. Leider ist auch diese nicht ausgeschildert und so für ortsfremde nicht zu finden. Und die vierte, die öffentliche Toilette an Katzohlbach ist in einem Zustand, bei dem deren Benutzung nicht zu empfehlen ist. Daher gab es schon oft Fragen bei pro barrierefrei nach einer Behindertentoilette. Auch an den Stadtfesten, wie zuletzt dem Karnevalsumzug, wird zwar ein Toilettenwagen aufgestellt, jedoch nie eine “Örtlichkeit” für Menschen mit Behinderungen geschaffen.

Neue Touristik und Moorerlebniswelt ohne WC für Besucher

Auf die Frage eines Mitgliedes der Selbsthilfegruppe, ob ein Rollstuhlfahrer bei Notdurft die neue Tourist-Information auch bei strömendem Regen verlassen und über 200 m zur nächsten, dazu noch heruntergekommenen Behindertentoilette, gehen muss, war die dreiste aber ehrliche Antwort des Beigeordneten Michael Scholle: “Ja.”

Gegen diese beiden Punkten protestiert die Selbsthilfegruppe, zumal für die neue Tourist-Information eine Toilette für Behinderte angekündigt wurde! Nun ist dort überhaupt keine für niemanden mehr angedacht. Eine steuerfinanzierte geförderte Ausstellung wie sie die Moorerlebniswelt sein will, ohne eine öffentliche Toilette ist aus Sicht der Selbsthilfegruppe ein NoGo.

200 Meter zur Zumutung.
Eine Zumutung. Diese Toilette am Katzohlbach. Oftmals stark verunreinigt. Der oftmals benötigte Armsstützgriff seit Jahren abmontiert. Spülung oft defekt und Tag und Nacht mit offen stehender Tür.
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