Bad Driburg. Die gemeinnützige Selbsthilfegruppe pro barrierefrei e.V. reagiert mit großer Sorge auf die jüngsten Aussagen des Bundesdrogenbeauftragten Hendrik Streeck, der öffentlich infrage gestellt hatte, ob sehr alte Menschen weiterhin Zugang zu kostenintensiven Medikamenten erhalten sollten. Der Verein warnt vor einer gesellschaftlich hochgefährlichen Entwicklung, die an vergangene Debatten über „Lebenswert“ und „Lebensqualität“ erinnert und die Menschenwürde fundamental berührt.

Der gebürtige Göttinger Prof. Dr. Hendrik Streeck – Beauftragter der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen
Foto: Koch

Wer nach Kosten-Nutzen-Kriterien über Zugang zu Medikamenten entscheidet, verlässt den Boden der Menschenwürde“

„Äußerungen, die den Wert eines Menschenlebens anhand von Wirtschaftlichkeit, Alter oder vermeintlichem Nutzen bewerten, sind brandgefährlich“, erklärt der Vorstand von pro barrierefrei e.V. „Solche Überlegungen erinnern an historische Konzepte, die wir als Gesellschaft längst überwunden glaubten. Wir dürfen nicht zulassen, dass ökonomische Kriterien wieder Einzug in die Bewertung menschlichen Lebens halten.

Der Verein betont, dass gerade vulnerablen Gruppen – darunter ältere Menschen, Menschen mit Behinderung und chronisch Erkrankte – im Gesundheitssystem ein besonderer Schutz zustehen muss. Debatten, die kostenintensive Therapien bei alten Menschen infrage stellen, öffneten die Tür für eine schleichende Abwertung anderer Bevölkerungsgruppen.

Gefahr utilitaristischer Ethik für Menschen mit Behinderung

pro barrierefrei e.V. verweist darauf, dass ähnliche Denkmuster bereits seit Jahren in philosophischen und bioethischen Debatten auftauchen – insbesondere in utilitaristischen Argumentationslinien, die den „gesellschaftlichen Nutzen“ einzelner Menschen bewerten. Der Verein sieht es als unverzichtbar an, solchen Strömungen entschieden entgegenzutreten.

Wenn wir akzeptieren, dass Alter oder Gesundheitszustand als Kriterien für medizinische Versorgung dienen, dann ist der nächste Schritt eine Bewertung nach ‘Lebensqualität’ oder ‘gesellschaftlicher Nützlichkeit’“, warnt der Verein „Menschen mit Behinderung wären als erstes betroffen – eine Entwicklung, die wir nicht zulassen dürfen.

Solidarische Gesundheitssysteme brauchen klare ethische Leitplanken

pro barrierefrei e.V. fordert:

Eine unmissverständliche politische Zurückweisung jeder Form von Altersrationierung

Ein Verbot medizinischer Priorisierungen nach ökonomischen Kriterien

Eine verpflichtende Einbindung von Behinderten- und Patientenverbänden, wenn medizinische Leitlinien über Letztentscheidungen zu Therapien entstehen

Eine klare Orientierung am Grundsatz der Menschenwürde als oberstem Maßstab


Die Würde des Menschen ist unteilbar – und sie ist nicht verhandelbar“, so der Vorstand weiter. „Es darf keine gesellschaftliche Debatte darüber geben, ab welchem Alter oder mit welcher Behinderung ein Mensch weniger wert ist oder weniger Rechte auf medizinische Versorgung besitzt.“

Appell an die Gesellschaft: „Nie wieder ist jetzt“

Abschließend erinnert pro barrierefrei e.V. an die historische Verantwortung Deutschlands:

Die Geschichte zeigt, wohin es führt, wenn Menschen nach Nützlichkeit sortiert werden. Wir müssen wachsam sein und deutlich widersprechen, sobald solche Denkweisen wieder auftauchen – egal in welchem Gewand.“

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