Zwei Rollstuhlfahrerinnen stehen vor verschlossener Tür

Bad Driburg/Paderborn. Auch in Kirchengemeinden gibt’s noch viel in Sachen Inklusion zu tun. Im vergangenen Jahr besuchten uns zwei junge Frauen, die in der Marcus-Klinik in Bad Driburg ihre Reha absolvierten, an unserem Infostand.
Im persönlichen Gespräch berichteten Sie von Ihren Gründen des Rehaaufenthaltes in Bad Driburg.  Während die eine von ihnen an einer unheilbaren Krankheit leidet, die die Notwendigkeit eines Rollstuhles unterstreicht, hatte ihre mittlerweile gute Freundin gerade einen missglückten Suizidversuch hinter sich. Auch dessen Folgen machten dieses Hilfsmittel zur Mobilität notwendig.

Beide hatten das Bedürfnis die Bad Driburger katholische St. Peter und Paul Kirche aufzusuchen.  Sie verspürten ein Verlangen, so berichteten sie uns. Dort angelangt war das Hauptportal geöffnet. Das stufenlose, sprich barrierefreie Portal, links davon, jedoch verschlossen.

Eine ähnliche Erfahrung macht unser Mitglied und Pressesprecher Alexander Bieseke regelmäßig auf seinen Reisen.

“Wenn in einer Kirche schon Menschen mit Behinderungen ausgegrenzt werden, wenn auch nicht bewusst oder gar absichtlich, dann verfehlt Kirche ihre ureigentliche Aufgabe.” Erst kürzlich stieß Bieseke auf Pater Martin Müller, den Pfarrverwalter von St. Michael in Göttingen.

Hauptportal von St. Michael
Hinweisschild zum barrierefreien Eingang

Das Hauptportal stand offen und ludt Gläubige und Interessierte ein, in der Kirche zu verweilen.
Für Rollstuhlfahrer war ein Schild montiert, auf dem diese gebeten wurden, in die Turmstraße um die Ecke zu fahren. Dort wäre ein barrierefreier Zugang. Jedoch war das Gartentor zum dahinterliegenden barrierefreien Eingang bereits verschlossen und stellte so eine neue weitere Barriere da.
In seiner Beharrlichkeit googelt Bieseke nach einer Telefonnummer und erreichte tatsächlich Pater Müller. Der war zufällig in der Nähe und versprach umgehend Abhilfe.

“Wissen Sie, wir müssen dieses Gartentor leider verschließen, da die Menschen nebenan, die auf der Straße sitzen und tagsüber Alkohol und wer weiß was konsumieren, nicht hier im Garten hausieren!”, so der Pater in seiner Erklärung.
“Bei allen Verständnis der Situation finden es behinderte Menschen aber äußerst unfair, Lösungen auf Kosten der gesellschaftlichen Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigungen zu forcieren, so Bieseke im Gespräch mit dem sehr verständnisvollen Pater, der beide Türen nun aufschloss und und Bieseke den Zutritt in die Kirche ermöglichte.
Müller war nun die ganze Zeit anwesend, um nach dem Kirchenbesuch des Gastes im Rollstuhl wieder Tür und Tor zu verschließen.

verschlossenes Gartentor

“Mir fällt dabei immer folgende biblische Begebenheit aus Lukas ein, so Bieseke: Ein paar Freunde wollten einen kranken Mann zu Jesus bringen. Aber es ist kein Durchkommen. Zu viele Menschen drängen sich ums Haus, in dem Jesus zu Gast ist. Was tun? Die Männer entschließen sich zu einer ungewöhnlichen Maßnahme. Sie klettern aufs Flachdach und verschaffen sich Zugang von oben, indem sie kurzerhand ein Loch in die Zimmerdecke schlagen.

Ich stelle mir gerade vor, Jesus wäre bei mir zuhause und plötzlich bekomme ich mit, dass Leute das Dach abdecken. Unerhört! Das kann man doch nicht einfach so machen, oder?!

Doch, das kann man machen. Diese Männer haben ein Ziel. Ihr gelähmter Freund muss unter allen Umständen zu Jesus. Koste es, was es wolle.  Also bringen sie ihr Werk zu Ende. Und dann passiert es. Jesus widmet sich dem Gelähmten, spricht ihm die Vergebung  seiner Sünden zu und sagte ihm, dass er aufstehen, sein Bett nehmen und heim gehen solle, was dieser schließlich tat und Gott dafür preiste.”

Altar von St. Michael
Schreiben von Erzbischof Dr. Udo Markus  Bentz

Nun hat sich die Selbsthilfegruppe, die mittlerweile Mitglieder aus ganz OWL in ihren Reihen hat, sich schriftlich an den neuen Erzbischof, seine Exzellenz Dr. Udo Markus Bentz gewandt. Verständlicherweise ist dieser zunächst damit beschäftigt, die tausend von anvertrauten Gemeinden kennen zu lernen.
Und dennoch hat er es sich nicht nehmen lassen, der Selbsthilfegruppe persönlich zu antworten und eine Ansprechperson zu benennen.

Gleichzeitig schreibt Bentz wörtlich: “Deshalb möchte ich Sie ermutigen: Bleiben Sie geduldig und beharrlich in Ihren Anliegen! Dazu wünsche ich lhnen Mut und Kraft, gegenseitige Stärkung und nicht zuletzt auch Gottes Segen.

“Ihr Wort, Herr Erzbischof, in Gottes Ohr”, so ein dankbarer Bieseke zum Schluss.

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